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Sonntag, 8. Oktober 2017
Willkommenskultur
politolog, 20:55h
Von Willkommenskultur wird derzeit kaum noch geredet. An sich ist der Gedanke schön, eine "Kultur des Willkommens" zu pflegen. Meiner Ansicht nach hatte das Konzept jedoch den Strickfehler, dass es sich nur auf Flüchtlinge/ Geflüchtete bezog, nicht auf Einwanderer allgemein. Gerade diejenigen, die schon länger in Deutschland leben, hätten mit eingeschlossen werden müssen.
Wie wenig "willkommen" Menschen aus der Türkei noch immer sind, zeigt sich an den heftigen anti-türkischen Ressentiments, die es in der deutschen Bevölkerung gegen die Erdogan-Türkei gibt. Es gibt zweifelsfrei viel an dieser auszusetzen, aber die Reaktionen in Deutschland auf diesen Autokraten sind allergischer als in den meisten anderen europäischen Ländern. Etwas mehr Vorsicht in den Meinungsäußerungen wäre hier ein Zeichen von Willkommenskultur gewesen. Ähnlich, nicht ganz so stark, verhält es sich mit Einwandern aus Russland und der Ablehnung Putins.
Bei Geflüchteten prüft niemand so genau nach, welchen Machthabern sie anhängen, dabei ist das gerade im Fall von Syrien schwierig. Ich unterhielt mich mal mit einem syrischen Flüchtling, der der christlichen Minderheit angehörte, der froh war, in Deutschland Schutz gefunden zu haben, der aber auch sagte: "Assad ist doch gut! Er schützt uns Christen in Syrien!"
Wie wenig "willkommen" Menschen aus der Türkei noch immer sind, zeigt sich an den heftigen anti-türkischen Ressentiments, die es in der deutschen Bevölkerung gegen die Erdogan-Türkei gibt. Es gibt zweifelsfrei viel an dieser auszusetzen, aber die Reaktionen in Deutschland auf diesen Autokraten sind allergischer als in den meisten anderen europäischen Ländern. Etwas mehr Vorsicht in den Meinungsäußerungen wäre hier ein Zeichen von Willkommenskultur gewesen. Ähnlich, nicht ganz so stark, verhält es sich mit Einwandern aus Russland und der Ablehnung Putins.
Bei Geflüchteten prüft niemand so genau nach, welchen Machthabern sie anhängen, dabei ist das gerade im Fall von Syrien schwierig. Ich unterhielt mich mal mit einem syrischen Flüchtling, der der christlichen Minderheit angehörte, der froh war, in Deutschland Schutz gefunden zu haben, der aber auch sagte: "Assad ist doch gut! Er schützt uns Christen in Syrien!"
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Samstag, 7. Oktober 2017
"Obergrenze"
politolog, 23:41h
Die "Obergrenze" scheint sich zu einem Streitpunkt bei den Koalitionsverhandlungen für eine "Jamaica-Koalition" zu entwickeln. Das kommt nicht völlig überraschend.
Generell ist es richtig, eine Diskussion und eine Einigung anzustreben, wie viele Menschen Deutschland aufnehmen kann. Das hat auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum Tag der Einheit angesprochen.
Auf der anderen Seite, wenn sich die anderen Parteien für eine solche Verständigung öffnen, dann müsste von der konservativen Seite erwartet werden dürfen, dass sie sich für eine Verständigung auf ein modernes Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht (mit doppelter Staatsbürgerschaft) öffnet. "Obergrenzen" sind dann angebracht, wenn es um legale Migrationswege für "Wirtschaftsflüchtlinge" geht. Hier handelt es sich um Menschen, die sich hier eine neue Existenz aufbauen wollen - und entsprechend müsste dieses von rechtlicher Seite, mit Verleihung der vollen Staatsbürgerschaftsrechte als Regelfall, ergänzt werden.
Dieses auch im Interesse der bereits ansässigen Bevölkerung, weil erst in diesem Fall auch die neuen Arbeitnehmer die volle Sicherheit haben zu streiken und sich an Arbeitskämpfen zu beteiligen. Wenn man verhindern möchte, dass die "Neuankömmlinge" die erzielten Rechte auf dem Arbeitsmarkt unterwandern, muss man sie zu gleichberechtigten Staatsbürgern machen, damit auch sie vor Ausbeutung und Ausnutzung geschützt sind.
Generell ist es richtig, eine Diskussion und eine Einigung anzustreben, wie viele Menschen Deutschland aufnehmen kann. Das hat auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum Tag der Einheit angesprochen.
Auf der anderen Seite, wenn sich die anderen Parteien für eine solche Verständigung öffnen, dann müsste von der konservativen Seite erwartet werden dürfen, dass sie sich für eine Verständigung auf ein modernes Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht (mit doppelter Staatsbürgerschaft) öffnet. "Obergrenzen" sind dann angebracht, wenn es um legale Migrationswege für "Wirtschaftsflüchtlinge" geht. Hier handelt es sich um Menschen, die sich hier eine neue Existenz aufbauen wollen - und entsprechend müsste dieses von rechtlicher Seite, mit Verleihung der vollen Staatsbürgerschaftsrechte als Regelfall, ergänzt werden.
Dieses auch im Interesse der bereits ansässigen Bevölkerung, weil erst in diesem Fall auch die neuen Arbeitnehmer die volle Sicherheit haben zu streiken und sich an Arbeitskämpfen zu beteiligen. Wenn man verhindern möchte, dass die "Neuankömmlinge" die erzielten Rechte auf dem Arbeitsmarkt unterwandern, muss man sie zu gleichberechtigten Staatsbürgern machen, damit auch sie vor Ausbeutung und Ausnutzung geschützt sind.
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Katalonien
politolog, 23:31h
Unabhängigkeit für Katalonien? Eine schwierige Frage.
Generell lösen Unabhängigkeitsbestrebungen eines Volkes solidarische Gefühle aus. Man möchte gerne, dass dieses Volk sich selbst bestimmt regieren kann. Allerdings ist es manchmal schon schwierig, eine Abgrenzung zu machen, wann von einem eigenen Volk geredet werden kann. Sind die bosnischen Serben bereits ein eigenes Volk? Oder sind sie nicht doch ein Teil des Volkes von Bosnien-Herzegowina? Wenn man zu einer republikanischen Auffassung von Staatsbürgerschaft tendiert, dann ist es die staatsbürgerliche Beteiligung, die das Volk ausmacht, nicht die ethnische Zugehörigkeit.
Im Fall von Katalonien ist es schwierig. Wie sehr werden die Katalanen in Spanien unterdrückt? Wie sehr können sie bereits jetzt ihre Geschicke selbst bestimmen? Generell gilt Katalonien als wohlhabende Region in Spanien. Ist es da unsolidarisch, das Land zu verlassen?
Manchmal werden Vergleiche angestellt, wie es wäre, wenn Bayern die Bundesrepublik Deutschland verlassen würde. Das mag stimmen mit Blick auf den Wohlstand, den Bayern hat. Doch ich denke, eher passen würde der Vergleich: Wie wäre es, wenn die fünf (oder sechs) ostdeutschen Bundesländer aus der Bundesrepublik austreten und ein eigenes Land gründen wollten? Denn die Unzufriedenheit in Deutschland ist ja eher hier zu finden, als in Bayern. Ich denke, dieser Vergleich kann ganz gut verdeutlichen, welche Beklemmung es im übrigen Spanien und auch in Teilen der Bevölkerung Kataloniens auslösen muss, wenn die katalanische Regionalregierung und Teile der katalanischen Bevölkerung nach Unabhängigkeit und Loslösung von Spanien streben.
Generell lösen Unabhängigkeitsbestrebungen eines Volkes solidarische Gefühle aus. Man möchte gerne, dass dieses Volk sich selbst bestimmt regieren kann. Allerdings ist es manchmal schon schwierig, eine Abgrenzung zu machen, wann von einem eigenen Volk geredet werden kann. Sind die bosnischen Serben bereits ein eigenes Volk? Oder sind sie nicht doch ein Teil des Volkes von Bosnien-Herzegowina? Wenn man zu einer republikanischen Auffassung von Staatsbürgerschaft tendiert, dann ist es die staatsbürgerliche Beteiligung, die das Volk ausmacht, nicht die ethnische Zugehörigkeit.
Im Fall von Katalonien ist es schwierig. Wie sehr werden die Katalanen in Spanien unterdrückt? Wie sehr können sie bereits jetzt ihre Geschicke selbst bestimmen? Generell gilt Katalonien als wohlhabende Region in Spanien. Ist es da unsolidarisch, das Land zu verlassen?
Manchmal werden Vergleiche angestellt, wie es wäre, wenn Bayern die Bundesrepublik Deutschland verlassen würde. Das mag stimmen mit Blick auf den Wohlstand, den Bayern hat. Doch ich denke, eher passen würde der Vergleich: Wie wäre es, wenn die fünf (oder sechs) ostdeutschen Bundesländer aus der Bundesrepublik austreten und ein eigenes Land gründen wollten? Denn die Unzufriedenheit in Deutschland ist ja eher hier zu finden, als in Bayern. Ich denke, dieser Vergleich kann ganz gut verdeutlichen, welche Beklemmung es im übrigen Spanien und auch in Teilen der Bevölkerung Kataloniens auslösen muss, wenn die katalanische Regionalregierung und Teile der katalanischen Bevölkerung nach Unabhängigkeit und Loslösung von Spanien streben.
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Freitag, 29. September 2017
Bundestagswahl 2017
politolog, 23:24h
Die Bundestagswahl 2017 ist ein Schock. Obwohl ein hohes Ergebnis für die AfD zu erwarten war, ist es doch etwas anderes, dieses schwarz auf weiß im Wahlergebnis lesen zu müssen.
Generell ist auch der Einbruch für die SPD und für die CDU/ CSU ein Schock. Erfreulich ist vielleicht, dass nun mehr Parteien im Bundestag vertreten sind, auch wenn dieses die Regierungsbildung erschwert.
Dass die SPD so schnell verkündet hat, in die Opposition gehen zu wollen, ist zwar einerseits verständlich, aber auch schade. Dafür spricht, dass die AfD dann nicht stärkste Oppositionspartei wird. Das ist ein gewichtiges Argument.
Auf der anderen Seite befürwortete vor der Wahl noch die Mehrheit der Bevölkerung eine Fortsetzung der "Großen Koalition", und die SPD hat in dieser gute Arbeit geleistet. Es bleibt zu sehen, ob Bündnis 90/ Die Grünen es schaffen, den sozialen Ausgleich in einer möglichen "Jamaica-Koalition" zu verankern.
Grundsätzlich bietet der Gang der SPD in die Opposition die Möglichkeit, dass sich die beiden linken Parteien, SPD und Die Linke, in der Opposition finden und dass diese gemeinsame Oppositionsrolle den Boden für eine spätere rot-rot-grüne Koalition bereitet.
Derzeit muss man allerdings feststellen, dass der Bundestag nach rechts gerückt und die Linke geschwächt ist.
Generell ist auch der Einbruch für die SPD und für die CDU/ CSU ein Schock. Erfreulich ist vielleicht, dass nun mehr Parteien im Bundestag vertreten sind, auch wenn dieses die Regierungsbildung erschwert.
Dass die SPD so schnell verkündet hat, in die Opposition gehen zu wollen, ist zwar einerseits verständlich, aber auch schade. Dafür spricht, dass die AfD dann nicht stärkste Oppositionspartei wird. Das ist ein gewichtiges Argument.
Auf der anderen Seite befürwortete vor der Wahl noch die Mehrheit der Bevölkerung eine Fortsetzung der "Großen Koalition", und die SPD hat in dieser gute Arbeit geleistet. Es bleibt zu sehen, ob Bündnis 90/ Die Grünen es schaffen, den sozialen Ausgleich in einer möglichen "Jamaica-Koalition" zu verankern.
Grundsätzlich bietet der Gang der SPD in die Opposition die Möglichkeit, dass sich die beiden linken Parteien, SPD und Die Linke, in der Opposition finden und dass diese gemeinsame Oppositionsrolle den Boden für eine spätere rot-rot-grüne Koalition bereitet.
Derzeit muss man allerdings feststellen, dass der Bundestag nach rechts gerückt und die Linke geschwächt ist.
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