Montag, 29. Januar 2018
Aufbau - Erhaltung - Degeneration?
In der Kneipe stellt jemand die These auf: Die Großeltern haben etwas unter vielen Entbehrungen und mit harter Arbeit aufgebaut. Die Eltern haben das noch mitbekommen und haben dieses mit ebenfalls harter Arbeit erhalten und fortgeführt. Das Kind studiert Kunstgeschichte...

Wenn ich darüber nachdenke, so ist diese Beschreibung das "kleine Bild", ein gewisser Bildausschnitt. Erweitert man das Bild, sieht man sich das "große Bild" an, so erkennt man, dass vor der Aufbauarbeit der Großeltern Krieg, Vernichtung, Zerstörung und Verbrechen kamen. Sieht man dieses "große Bild", dann ist das Studium der Kunstgeschichte (oder Politikwissenschaft) ein Beitrag zum Erhalt des Friedens und der Zivilität, vielleicht auch eine Zerlegung und "Dekonstruktion" (ein Begriff aus der Sozialwissenschaft) des Aufgebauten.

In der heutigen Zeit stellt sich die Frage, ob nach dieser Dekonstruktion nicht eine Neukonstruktion durch die Rechte erfolgt, etwa indem sie "alternative Fakten" schafft oder in die Welt setzt.

Wie kann man das verhindern? Wie kann man etwas "Linkes" nach dieser Dekonstruktion aufbauen? Meine Antwort darauf ist: Vielleicht leben wir in einer ziemlich aufgeklärten Zeit?! Sigmar Gabriel zum Beispiel hat gesagt, dass es keinen Ort in der Welt gibt, in dem man besser leben würde als in Europa. Im Künstlerischen gibt es viele Freiheiten wie in den 1920er Jahren, als der Expressionismus seine Hochzeit erlebte. Frauen haben heute in Europa viele Freiheiten, was man, wie ich denke, auch an der hohen Zahl alleinerziehender Mütter erkennen kann. Sie müssen sich keinem Patriarchen unterordnen um zu überleben. Schwule und Lesben können heiraten. Der Radverkehr wird gefördert. Es gibt eine Renaissance des Zugverkehrs. Der Sozialstaat funktioniert immer noch sehr gut, wie gerade die Kritik der Rechten zeigt, dass die Flüchtlinge ja nur in unser gutes Sozialsystem einwandern wollen.

Diesem positiven Bild steht gegenüber, dass es mit einem sehr hohen Konsumniveau einhergeht, dass es den Klimawandel gibt und dass wir die Zerstörung der Umwelt, vor allem in China und Afrika, in Kauf nehmen. Wie kann man den persönlichen ökologischen Fußabdruck reduzieren, ohne dass andere sofort in die frei werdende Fläche hineintreten?

In gewisser Weise erleben wir die "Goldenen Zwanziger" des 20. Jahrhunderts wieder, mit all ihren Verwerfungen. Wie kann man verhindern, dass 1933-1945 sich wiederholen? Es braucht ein "demokratisches Bollwerk", wie es die SPD in den frühen 1930er Jahren war, nur dass es jetzt auch die Grünen, die Linke, die CDU/ CSU und eine etwas irrlichternde FDP gibt.

Warum also nicht Kunstgeschichte und Politikwissenschaft?

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