Dienstag, 24. Juli 2018
Rechtsstaat um jeden Preis?
Als ich studiert habe, war es in Mode, Rechtswissenschaft zu studieren. Mit Ausnahmen fand ich viele dieser Studierenden unsympathisch. Zudem waren sie oft politisch konservativ. Vor diesem Hintergrund frage ich mich, ob ich immer und unbedingt so viel Rechtsstaat haben möchte.

Ausgelöst wurde dieser Beitrag durch die Frage, ob die Abschiebung von Sami A. nach Tunesien in Ordnung war. Ein Gericht in Gelsenkirchen hatte diese untersagt, aber angeblich war die Information nicht rechtzeitig an der zuständigen Stelle angelangt. Da Sami A. als Gefährder registriert ist, für den Feind (Osama bin Laden) gearbeitet hat und durch Hasspredigten aufgefallen sein soll, ist die Frage, ob es nicht gut ist, dass er außer Landes ist. Zumal Tunesien in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen hat, Folter abzuschaffen.

Dem wird das klare Argument entgegengehalten, dass dieses Vorgehen, Tatsachen zu schaffen, den Rechtsstaat unterminiert.

Tatsächlich wird aber seit drei Jahren in der Flüchtlingspolitik kontinuierlich von linker Seite der Rechtsstaat unterminiert - mit einem guten Argument: Es geht um Humanität. Würde man Flüchtlinge dem strengen Dublin-Regime für die Asylprüfung unterwerfen, müsste man viele schnellstens wieder des Landes verweisen. Hier werden also Regeln im Interesse der Humanität weniger streng beachtet. Also doch: nicht immer die volle Härte des Rechtsstaats walten lassen?

Vieles spricht dafür, den Rechtsstaat nicht in voller Härte walten zu lassen. Es ist dann allerdings wenig verwunderlich, dass die Gegenseite irgendwann zu Gegenmaßnahmen greift, und eben in einer "Nacht-und-Nebel-Aktion" wie bei Sami A. jemanden abschiebt, den man hier - auch aus guten Gründen - nicht haben möchte. Rechtsstaat um jeden Preis? Eine schwierige Frage.

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